Das Weihnachtsgeschäft und die Konsumenten
Was macht eine Pandemie mit Weihnachten? Bringt sie eine Besinnung auf menschliche Werte und eine Abkehr vom Konsumverhalten? Natürlich nicht! Ein, drei Lockdowns bedeuten nicht, dass dadurch weniger Wünsche ans Christkind formuliert werden. Und Online-Händler aus aller Welt standen schon lange vor Covid-19 bereit, um diese Wünsche zu erfüllen. Trotzdem (oder gerade deshalb) ist das Weihnachtsgeschäft 2020 für jede Branche ein guter Anlass, ab jetzt bewusster digitale Strategien zu verfolgen.
Alles in allem war das österreichische Weihnachtsgeschäft im letzten Jahrzehnt sehr stabil. Verlässlich ergab sich jeden Dezember ein recht ähnliches Bild mit vergleichbaren Bruttoumsätzen im Einzelhandel. Einzig das Online-Geschäft sorgte immer wieder für neue Impulse.
Quelle: Statista
2020 und Covid-19 reißen eine Lücke in dieses harmonische Bild. Dem stationären Handel und vor allem den großen Umsatztreibern Gastronomie und Weihnachtsmärkten wurde Anfang und Mitte Dezember schon ein Rekord-Minus vorhergesagt. Eine gefährliche Drohung in der wichtigsten Zeit, die der Handel kennt, denn in manchen Branchen drehen erst die Weihnachtsumsätze das Jahr ins Plus.
Quelle: Statista
Zitterpartie und Katastrophenstimmung
Die letzten zwei, drei Tage vor Weihnachten sind traditionell die stärkste Zeit des Jahres. Der größte Anteil der Geschenkekäufe fällt in die letzte Woche vor Weihnachten. Aber auch wenn die Shopping-Zentren allen Viren zum Trotz nicht schlecht gefüllt waren, sprechen stellvertretend für den Handel als Ganzes die Modebranche von minus 34 Prozent und der Schuhhandel von minus 25.
Und auch wenn die letztgültigen Zahlen noch nicht da sind, spricht die Wirtschaftskammer schon von einer “Katastrophe”. Der neue Lockdown zwischen den Feiertagen bedeutet: Keine eingelösten Gutscheine und Geldgeschenke, kein Umtauschgeschäft.
Fokus: Digitale Strategie
Der große Hoffnungsträger war und ist das Internet. Im e-Commerce rechnete man in der Bugwelle von Covid-19 mit einem neuen Rekord-Hoch und Zuwächsen um fast 50 Prozent. Umso überraschender ist, dass viele Händler und die Lieferlogistik auch 2020 auf die Online-Nachfrage noch immer nicht ausreichend vorbereitet waren.
Online ist nicht mehr neu
Digitaler Einkauf ist seit jeher eine Vertrauensfrage. Dieses Vertrauen ist aber mittlerweile gegeben. Zu Anfang — 2003 — lag der Anteil der Online-Käufer an der österreichischen Bevölkerung noch bei 10,9% — einer kleinen Schicht von progressiven Digital-Pionieren. Im ersten Halbjahr 2020 waren bereits 66,3% der Österreicher Online-Shopper. Der Einkauf im Netz ist spätestens seit 2012 Mainstream und hat 2020 seine Feuerprobe bestanden.
Quelle: Statista
Das Vertrauen der Menschen in Institutionen, Politik und Medien ist über die Jahre immer wieder erschüttert worden. Gleichzeitig war aber das Vertrauen in kommerzielle Anbieter und die Zahlungsabwicklung im Internet noch nie so groß wie heute.
Das hat gute Gründe: Die großen Online-Anbieter haben ihre Kunden seltener enttäuscht, auf Beschwerden zügig reagiert und Convenience-Angebote gemacht (zum Beispiel kostenlosen Rückversand im großen Stil).
Das wirkt. Denn in letzter Konsequenz entscheiden nicht Verordnungen und Schlagworte über die Gefühlslage der Menschen, sondern die tatsächliche Kundenerfahrung.
Belastbare Prozesse, zufriedene Kunden
Das Adventgeschäft ist eine besonders harte Belastungsprobe für Lager und Lieferanten. Aber Online-Shops, deren Waren am Stichtag nicht da sind und die bei Kundenbeschwerden umständliche Prozesse anstoßen müssen, werden innerhalb wie außerhalb der “Stillen Zeit” nicht attraktiver.
“Steuern in Österreich zahlen” klingt wunderbar als Motto in der WhatsApp-Gruppe der besten Freundinnen, hat als Motivation aber weniger Zugkraft, sobald es an die eigene Geldbörse und vor allem an die Befriedigung der Kundenbedürfnisse geht.
Ist Ihre Organisation den Anforderungen in der “Ära der Kunden” gewachsen?
Sind Ihre Prozesse schlank und effizient?
Haben Sie Daten und Auswertungen im Griff?
Was zählt ist wie immer die Kundenerfahrung. Rot-weiß-rote Online-Shops, die auch in Zeiten starker Nachfrage mit verlässlicher Lieferung, Transparenz über Lagerbestände, ausreichend Auswahl und aktivem Kundenservice punkten können, bekommen auch zu Weihnachten 2021 und 2022 eine Chance, Kundenwünsche zu erfüllen. Wer darauf baut, dass die Kunden schon ein Auge zudrücken werden, nicht.
Quellen:
- Statista 2020
- Forrester Research – Trust in the Age of the Customer, November 2020
- WKO News 22.12.
Autor: Andreas Habicher
PwC Digital Consulting