Risiken und Nebenwirkungen des People Performance Managements 

 In allen Unternehmen sind sie fixer Bestandteil, Verkörperung und Lebendig werden einer übergeordneten Vision: Die KPIs, OKRs, quantitativen und qualitativen Messgrößen, die den Alltag vieler Mitarbeiter und Führungskräfte beständig begleiten. Sie sollen dabei helfen, zu verstehen, welcher Beitrag am Unternehmenserfolg geleistet wird und wie weit fortgeschritten diese Zielerreichung auf der Straße zum Erfolg bereits ist – und somit wie viel Strecke des Weges noch vor einem liegt. Gut gemeint und aus strategischen Überlegungen kommend, sind die Vorgaben zur Quantifizierung auf den unterschiedlichen Ebenen: Von erzieltem Umsatz, verkauften Stunden, angesprochenen Kunden, abgearbeiteten Tasks – der Kreativität von Messpunkten und möglichen Zielsetzungen sind dabei keine Grenzen gesetzt und so mannigfaltig sind sie auch in vielen Unternehmen. Die Überlegungen dahinter sind oft getrieben von der Identifikation relevanter Zahlen, deren Optimierung oder Erreichung als zentrale Dreh- und Angelpunkte für den Unternehmenserfolg gewertet werden können. Die Mitarbeiter werden dabei nicht nur in die Pflicht genommen, sondern es wird auch transparent gemacht, wie deren Performance – oft in direktem Vergleich mit den Kollegen – ist und welchen Anteil am Bonuskuchen ihnen somit zusteht.

 

Fairness mit Nebenwirkungen

All das klingt für die Meisten selbstverständlich – und auch fair. Denn wer mehr leistet, soll auch dafür belohnt werden. Was dabei aber meistens und besonders im Kontext des „People Performance Managements“ übersehen wird: Menschen tendieren dazu ein System zu optimieren, um ein vorgegebenes Ziel zu erreichen. Unerwünschte Nebenwirkungen sind somit vorprogrammiert.

Was ist damit gemeint?

Wenn Mitarbeiter beispielsweise nur an Einzelleistungen gemessen werden, kann dies zur Folge haben, dass der Zusammenhalt in einem Team stark darunter leidet, Wissen gehortet wird, man sich gegenseitig Kunden oder Projekte streitig macht. Wenn nur Umsätze im Zentrum von Bestrebungen stehen, können Kundenorientierung oder nachhaltige Beziehungen auch leichter ins Hintertreffen gelangen. Im Gegensatz dazu gilt auch das Umgekehrte: Alles was nicht gemessen wird – existiert auf lange Sicht nicht. Dies wird in vielen Unternehmen genau dann deutlich, wenn es um Learning & Development, um interne Projekte, um das Entwickeln neuer Ideen und Maßnahmen zur Stärkung der Teamkultur geht: Wenn diese Dinge nicht Teil der gemessenen „Leistung“ sind, werden sich Mitarbeiter langfristig nicht darum kümmern oder diese wichtigen Themen werden stiefmütterlich – wenn überhaupt – behandelt. Dies führt dabei oft zu gravierenden Nebenwirkungen wie dem Größerwerden von „Wissensgaps“, dem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit, dem Zerfall von Teams und dem Abwandern der besten Mitarbeiter.  

Nicht alles, was zählbar ist, zählt. Und nicht alles, was zählt ist zählbar – Albert Einstein 

Zielvorgaben – aber richtig

Dies bedeutet natürlich nicht, dass wir keine Zielvorgaben machten sollten, sondern dass es einen guten Blick auf mögliche Nebenwirkungen braucht, um nicht am Ziel vorbei zu optimieren. Metriken sollen uns helfen gute und informierte Entscheidungen zu treffen, als Einzelner und gemeinsam besser zu werden und Risiken zu minimieren. Nicht dazu unsere Mitarbeiter zur kreativen Systemoptimierung zu animieren.

Dabei können die folgenden Prinzipien helfen, praxistaugliche Metriken zu schaffen, die tatsächlich effektiv sind:

  • Messen für einen Zweck: Klarheit darüber haben und schaffen, welche Metriken sinnvoll den Erfolg und notwendige Kompetenzen sichtbar machen können. Alles was nicht gemessen wird, hat keine Sichtbarkeit und keinen „Wert“ in der Unternehmenskultur.
  • Minimierung des Unbekannten: Metriken sollten helfen Risiken zu minimieren und das Gebiet des Unbenannten zu verkleinern und somit zur Transparenz und zum Wissensgewinn beitragen.
  • Fokus auf Verbesserung: Metriken sollten auch helfen Mitarbeiter und Unternehmen besser zu machen. Dabei sollen KPIs unterstützen dies zu erreichen und ganz klar dem Ziel des Lernens und der Entwicklung jeden Mitarbeiters untergeordnet werden – nicht anders herum.
  • Stakeholder im Blick: Die meisten Menschen arbeiten nicht in einem Vakuum, sondern im Zusammenschluss mit anderen Abteilungen, Partnern und Kollegen. Darum empfiehlt es sich Arbeit und Erfolg aus unterschiedlichen Perspektiven zu messen, klar zu umreißen, welcher Beitrag der Mitarbeiter als „Wert“ definiert wird und dabei nicht auf einen Mitarbeitertyp oder eine Kenngröße für alle zu fokussieren.
  • Misstraue allen Zahlen: Denn auch sie sind nur eine Facette der Realität, aber nicht die ganze Wahrheit. Sie sind stets beeinflusst von Biases, externen Faktoren und Art, als auch Zeitpunkt der Messung. Kontext ist hier durchaus wichtig.
  • Unpräzise Ziele präferieren: Auch wenn es nicht gerne gehört wird, so sind unpräzisere oder „aspirationale“ Ziele oft besser, weil sie eine Richtung vorgeben, aber nicht die Erwartungshaltung schüren, dass diese erreicht werden können oder müssen. Dies spiegelt sich besonders im Einsatz von OKRs klar wieder, wo das Ziel als Wegweiser, aber nicht als Gipfel verstanden wird.
  • Persönliche Metriken: Jeder sollte (auch) eigene Metriken haben, die dabei helfen, den eigenen Fortschritt zu sehen und Verbesserungspotentiale aufzuzeigen. Diese sollte jedoch mit großem Bedacht gewählt und die Grundanforderungen für den Erfolg gegeben sein.
  • Metriken und Prämien: Metriken, welche direkt an Prämien gebunden sind, verführen oft zur „Systemoptimierung“, und dazu, dass diese nicht ehrlich erfasst werden. Der dargestellte Erfolg kann somit oft massiv von der Realität abweichen und diese Art der Incentivierung führt oft zu dysfunktionalem Verhalten innerhalb der Organisation.
  • Oft und früh messen: Um gut steuern und ggf. auch eine Kurskorrektur vornehmen zu können braucht es einen häufigen Blick auf Metriken. Zu große Zeiträume können eine starke Verminderung des Entscheidungsraumes zur Folge haben und im schlechtesten Fall nur noch Tatsachen abbilden.
  • Your are never done: Nicht alle Metriken werden zum gewünschten Erfolg führen, darum ist auch hier experimentieren, adaptieren und kontinuierliche Weiterentwicklung Pflicht.

Messen und nachhaltige Zielsetzungen zu schaffen kann somit oft etwas kniffliger sein, als initial gedacht. Doch wenn wir stets im Kopf behalten, dass Metriken uns dienen sollen und nicht andersherum, haben wir den ersten und wichtigsten Schritt gemacht, um Messgrößen auszuwählen, die Mitarbeiter und Unternehmen in ihrer Arbeit und Weiterentwicklung unterstützen und nicht behindern können.

We measure to understand how to live a better life, both mentally and physically. For organizations, it’s no different. – Jurgen Appelo

Weiterführende Inspiration und Quelle:

  • Jurgen Appelo: “Managing for Happiness”
  • Forrester: “Deliver The Metrics That Matter With The Objectives And Key Results Framework”

 

 Autor: Bernadette Fellner
Innovation and Digital Transformation Senior Manager
PwC Digital Consulting