Was versteht man unter Digital Employee Experience? Warum sollten Unternehmen heutzutage unbedingt in den Aufbau eines DEX-Teams investieren und was hat das mit „War for Talent“ zu tun?

Unternehmen fokussieren sich zunehmend auf die Optimierung der digitalen Erfahrung von Mitarbeiter:innen (engl.: „digital employee experience“, DEX). Während es den meisten Unternehmen in der Vergangenheit an zentraler Verantwortung für DEX fehlte, zeichnet sich nun ein stetiger Wandel ab. Unternehmen wie ABN AMRO, Citizens Bank und Mondelēz International stellen zunehmend Personal ein, die sich auf die Verbesserung von DEX konzentrieren.

Die Wichtigkeit von Digital Employee Experience

Eine hervorragende digitale Erfahrung ist der Schlüssel zur Produktivität und zum allgemeinen Engagement der Mitarbeiter:innen. Gerade in einer Zeit, in der es schwierig ist, Talente zu halten, ist eine unzureichende DEX besonders gefährlich.

Geoff Wright, Global Solution Owner bei Mondelēz International, hat in einem Interview mit Forrester gesagt: „Wir sollten unseren Mitarbeiter:innen ein großartiges technisches Erlebnis bei der Arbeit bieten, denn wenn wir das nicht tun, wird es nicht lange dauern, bis sie sich woanders umsehen.“ 

Doch was bedeutet DEX? Forrester definiert DEX wie folgt: Die Summe aller Erfahrungen, die Arbeitnehmer:innen über die Arbeit mit der Technologie haben, die sie für ihre tägliche Arbeit und die Zusammenarbeit mit ihrem Unternehmen über den gesamten Lebenszyklus ihrer Beschäftigung hinweg nutzen. DEX beschreibt dabei weder eine Technologie, noch eine Strategie, sondern vielmehr die Erfahrungen, die Mitarbeiter:innen bei der Arbeit mit zwei primären Technologien machen:

  1. Tools für die tägliche Produktivität, wie z. B. Apps und Geräte für die Zusammenarbeit und Kommunikation, und

     

  2. an Mitarbeiter:innen orientierte HR-Technologien, wie z. B. Human Capital Management (HCM)-Suiten, Anerkennungsplattformen und Lernressourcen.

 

In der Regel stagniert DEX vor allem aufgrund eines Mangels an:

  • Konsequenten DEX-Bemühungen innerhalb des Unternehmens. Fragmentierte DEX-Ansätze bedeuten, dass sich Einzelpersonen oder Teams ausschließlich auf Prioritäten und Ziele innerhalb ihres eigenen Tätigkeitsbereichs konzentrieren. Ein HR-Serviceteam betrachtet DEX durch die Brille des HR-Lifecycles und nicht durch die tägliche Erfahrung der Mitarbeiter:innen. Bei dieser Sichtweise werden Onboarding-, Zahlungs- und Leistungs-Workflows und die dazugehörigen Technologien vorrangig behandelt. Ein paralleles DEX-Universum besteht beispielsweise bei Spezialist:innen für Endbenutzer-Computing (EUC), die den Schwerpunkt auf App-Performance legen, aber nicht über Best Practices für die Zusammenarbeit nachdenken. Diese unzusammenhängenden Ansätze führen zu Lücken in der Visibilität (z. B. ein Implementierungsprozess für neue Geräte, der nicht automatisch Zugriff auf die HR-Onboarding-Software gewährt). 
  • Verantwortlichkeit und Zuständigkeit. Die wenigsten Unternehmen beauftragen ein bestimmtes Team mit der Aufgabe, DEX zu verbessern. In der Regel arbeiten verschiedene Teams unabhängig voneinander an der Verbesserung von DEX, oft ohne jegliche Kontrolle. Dies macht es für Unternehmen äußerst schwierig, Prozesse von Mitarbeitenden zu verbessern, bei denen mehrere Technologien zum Einsatz kommen (z. B. beim Onboarding von Mitarbeiter:innen). 
  • Gemeinsame Metriken und Ziele. Unternehmen, die siloartige Ansätze für DEX akzeptieren, werden mit mehreren Teams konfrontiert, die sich auf unterschiedliche (und womöglich widersprüchliche) Erfolgsmetriken konzentrieren. Die wichtigsten Stakeholder-Teams (z. B. HR, Service Desk, interne Kommunikation, etc.) können einander in die Quere kommen, wenn Strategien und Roadmaps nicht aufeinander abgestimmt sind. Personen aus der internen Kommunikation, die die Nutzung von Videos verstärken möchten, stoßen möglicherweise auf Hindernisse, wenn die mobilen Geräte des Unternehmens nicht über die richtigen Datentarife verfügen, um hochwertige Videos zu unterstützen. Diese isolierten Metriken korrelieren teilweise nicht einmal mit einem besseren Nutzungserlebnis.

 

Hauptmerkmale der DEX-Teams

Die Tendenz bei Unternehmen geht dahin, ihr Engagement für DEX durch eine Koalition von Teammitgliedern zu formalisieren, die sich über viele Geschäftsbereiche hinweg ausschließlich mit DEX befassen. Unternehmen wie ABN AMRO und Citizens Bank haben kürzlich Teams gebildet, die für die Verbesserung von DEX innerhalb ihrer IT-Organisationen verantwortlich sind. Obwohl sich die heutigen DEX-Teams in Bezug auf Größe, Umfang, Zuständigkeiten, Berichtslinien und Namensgebung unterscheiden, weisen sie gemeinsame Merkmale auf:

  • DEX wie ein Produkt behandeln. Viele IT-Organisationen haben sich die Prinzipien von Product Teams zu eigen gemacht. Eine produktorientierte DEX-Mentalität konzentriert sich auf den Aufbau einfühlsamer Beziehungen zu den Mitarbeiter:innen, das häufige Einholen von Feedback und die kontinuierliche Verbesserung des Produkts (d.h. der Erfahrung).
  • Konzentration auf den gesamten digitalen Arbeitsplatz. Viele Faktoren beeinflussen die Wahrnehmung der Mitarbeiter:innen von DEX – Geschwindigkeit, Benutzungsfreundlichkeit, Relevanz und Autonomie. Vorausschauende DEX-Teams berücksichtigen, wie Infrastruktur, Produktivitätsanwendungen und HR-Technologien zusammenspielen, um den bestmöglichen digitalen Arbeitsplatz für interne, externe und flexible Mitarbeitende zu schaffen.
  • Quantitative und qualitative Daten zum Benchmarking von Erfahrungen nutzen. DEX-Teams verwenden mehrere Tools zur Erfassung von Erfahrungsdaten. Personalfeedback-Tools helfen beispielsweise bei der Analyse der Stimmung, BI-Tools bei der Zentralisierung von Erfahrungsdaten für eine kontinuierliche Nachverfolgung und Apps für die Kommunikation mit Mitarbeiter:innen verfolgen die Reichweite, Öffnungsraten und Leserschaft von Inhalten und Unternehmensnachrichten. Einige Teams führen darüber hinaus auch manuelle Aufgaben wie ausführliche Personalbefragungen und Journey-Mapping-Sitzungen durch.

 

Die drei wichtigsten Bereiche zur Verbesserung 

Da jedes Unternehmen seine eigenen Fachleute und Herausforderungen mit der Technologieerfahrung seiner Mitarbeiter:innen hat, werden DEX-Teams wahrscheinlich je nach Unternehmensgröße, Branche und Region unterschiedlich sein. Die im Rahmen einer Studie von Forrester interviewten Unternehmen haben jedoch eine Handvoll Best Practices genannt, die den Einstieg in die Bildung eines DEX-Teams erleichtern sollen. Drei Bereiche sind dabei besonders relevant:

  1. Qualifikationen und Mitarbeiter:innen. DEX-Teammitglieder brauchen gute soziale Kompetenzen, ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen und ein ausgeprägtes Bewusstsein für Daten. In den meisten Unternehmen gibt es eine Mischung aus technischen und personenorientierten Funktionen mit unterschiedlichen Schwerpunkten.
  1. Scope. DEX-Teams müssen über einzelne Technologiekategorien hinausgehen und die Personalprozesse analysieren, bei denen häufig sowohl Produktivitäts-, als auch HR-Tools zum Einsatz kommen. Laut Dennis Perpetua von Kyndryl verwendet das Unternehmen eine Sammlung von Experience Performance Indicators (XPIs), um das Onboarding-Erlebnis für neue Kolleg:innen zu messen. Jeder XPI misst den Erfolg eines bestimmten Schrittes des Onboarding-Prozesses. Darunter zählen z. B. die Erstellung neuer Benutzer:innen-IDs in Workday, die automatische Generierung von Tickets in ServiceNow, sowie die Erfassung von Mitarbeitenden- und Führungskräfte-Feedback. Zusammengenommen helfen diese XPIs der Personalabteilung, der IT-Abteilung und den Führungskräften, den Erfolg des Onboarding-Prozesses besser einzuschätzen und verbesserungswürdige Bereiche zu identifizieren.

     

  2. Ziele und Metriken. Neben der Ausarbeitung eines Leitbildes sollten DEX-Teams darauf achten, Schlüsselkennzahlen festzulegen, an denen sie ihre ersten Bemühungen ausrichten können. Die Vereinbarung über die Erfahrungsebene ist eine zunehmend verbreitete Methode, um den Erfolg von DEX-Initiativen zu messen. Diese beinhaltet die Erstellung einer Reihe von überprüfbaren, an Nutzer:innen zentrierte Kennzahlen. Toyota verwendet zum Beispiel eine Bewertung der digitalen Erfahrung der Mitarbeiter:innen auf einer 10-Punkte-Skala, die sowohl quantitative als auch qualitative Messgrößen umfasst. Alle Mitglieder des DEX-Teams arbeiten gemeinsam an der Erstellung dieser Kennzahlen, wobei sie von den Stakeholdern des Unternehmens unterstützt werden.

 

Es zeigt sich also, dass sich die digitale Erfahrung von Mitarbeiter:innen nicht nur darauf beschränkt, wie das Personal die Technologie selbst erlebt (die Anwendungen und Geräte, auf die es Zugriff hat). Es geht vielmehr auch darum, wie die IT-Abteilung mit dem Unternehmen und den einzelnen Mitarbeiter:innen zusammenarbeitet, um Probleme und Serviceanfragen zu lösen, neue Technologien bereitzustellen, Mitarbeiter:innen zu schulen und mit ihnen zusammenzuarbeiten. Nur so ist es möglich, die Anforderungen zu verstehen und bestmöglich umzusetzen. Damit dem Personal ein großartiges technisches Erlebnis bei der Arbeit geboten werden kann, ist es daher essenziell, entsprechende DEX-Teams innerhalb des Unternehmens aufzubauen. Das kann am Ende auch ein entscheidender Faktor sein, um den „War for Talent“ für sich entscheiden zu können.

 

 

 Autor: Jonas Stahlhut

 Quellen:

https://www.forrester.com/report/the-rise-of-digital-employee-experience-teams/RES177454?ref_search=3529243_1661339335924

https://www.forrester.com/blogs/digital-employee-experience-dex-is-not-a-tool-its-a-perception/

https://www.qualtrics.com/uk/experience-management/employee/digital-employee-experience/?rid=ip&prevsite=en&newsite=uk&geo=AT&geomatch=uk