Tech for Good – How to use and build tech ethically
Tech for Good – How to use and build tech ethically
In den letzten beiden Jahren hat uns Technologie mit beeindruckender Geschwindigkeit gezeigt, was sie für uns leisten kann. Über alle Altersgruppen hinweg war Covid-19 vermutlich der größte Digitalisierungsbeschleuniger, den die Welt je gesehen hat. Doch „With great power comes great responsibility“ und die Frage, welche Rolle Technologie und deren Hersteller einnehmen sollen, welche soziale Verantwortung ihnen obliegt, findet zunehmend einen Platz im öffentlichen Diskurs. Schließlich geht es um die Frage, wie neue Systeme unsere Gesellschaft und unsere Zukunft formen werden. Auch wenn Tech Giganten wie Meta und Twitter sich im Herbst ihrer „Ethical AI“ Teams entledigt haben, ist es unwahrscheinlich, dass sich die Verantwortung in diesem Themenbereich mit eliminieren lässt – schon gar nicht, wenn man in Richtung neuer Regulative wie den Digital Services Act, den Digital Markets Act oder die Europäischen Richtlinien für Trustworthy AI blickt.
Technologie und deren Verantwortung kann nicht abgeschoben werden
Nicht nur die großen Player am Markt tragen diese Verantwortung – auch Unternehmen müssen sich zunehmend mit ethischen Entscheidungen in Hinblick auf den Einsatz und die Gestaltung von Technologie auseinandersetzen, denn auch sie sind aktiver Mitgestalter unserer Gesellschaft. Gerne wird von großen Technologieherstellern die Position des Instrumentalismus eingenommen, welche besagt, dass Technologie weder gut noch böse ist, und rein die Verwendung darüber entscheidet. Damit versucht man die eigene Verantwortung zu externalisieren, in dem man das Design und die Herstellung einer Technologie ganz klar von deren Einsatz trennt. Doch spätestens seit Dokumentationen wie „The Social Dilemma“, in denen sehr klar dargelegt wird mit welchen Spielmechaniken User in ein Suchtverhalten getrieben werden, lässt sich argumentieren, dass der Ansatz des Instrumentalismus unserer komplexen Welt bei weitem nicht gerecht wird. Vielmehr müssen wir uns dessen bewusst werden, dass Technologie uns formt, wir aber auch die Technologie formen und somit zu Co-Kreator:innen werden. Sprich, wir werden die Verantwortung nicht los und sollten das – in unserem eigenen Interesse – auch gar nicht wollen.
Ethische Entscheidungen an dieser Stelle zu treffen, ist im Großen, aber auch im Klein(er)en wichtig und notwendig. Ganz egal ob wir Systeme gestalten oder einsetzen.
Die Fragen „Welche Konsequenzen bringt diese Entscheidung mit sich?“ und „Nur weil wir können – sollten wir?“ können dabei als zentrale Dreh- und Angelpunkte dienen.
Ethik ist multifacettig, sie muss jedoch auch in die Praxis überführt werden
Wer beginnt, sich mit Ethik zu beschäftigen, in der Hoffnung, einen geradlinigen Weg vorzufinden, muss leider enttäuscht werden. Vielmehr befindet man sich im Spannungsfeld mehrerer Strömungen wie Deontologie („Nur die Intention zählt“), Utilitarismus („Nur der Outcome zählt“), Teleologie („Findung des Sinns“), Existenzialismus („Wir sind radikal frei, und damit radikal verantwortlich“), des Kontraktualismus („Unternehmen und Staaten tragen eine soziale Verantwortung“) und Werte-Ethik („Handle so, dass du die beste Person bist, die du sein kannst“). In der Praxis können diese Ansätze helfen, mehrere Aspekte eines Problems zu beleuchten und den Diskurs dazu zu führen. Tatsächlich ist es aber oftmals hilfreicher, seine eigenen Guidelines und Prinzipien zu entwickeln, um auch im Alltag umsetzbar und anwendbar zu sein. Diese sollen während einer Technologieentscheidung oder -entwicklung immer wieder durchlaufen werden, um sicherzustellen, dass man eine faire und transparente Lösung schafft und sich auch mit etwaigen Unzulänglichkeiten auseinandergesetzt hat.
Ethik Frameworks können als Inspiration dienen
Um seine eigenen Handlungsprinzipien zu entwickeln, kann man sich von mehr als 80 populären Frameworks inspirieren lassen, welche als Guidance dienen können, um seinen eigenen Weg zu finden. Diese Frameworks haben unterschiedliche thematische Schwerpunkte, abhängig davon, wer als Zielgruppe gedacht ist. So können Regierungen, Unternehmen, Organisationen und Vereine aller Art aus einer großen Bandbreite an Ideen wählen, die sie für sich selbst adaptieren können. Wer sich noch nicht ganz sicher ist, wo er starten soll, kann sich zudem immer an das „Ethically Aligned Design“ von IEEE halten, welches als ein Standardwerk verstanden werden kann. Dabei werden nicht nur Design- und Entscheidungsprinzipien adressiert, sondern auch Themen wie IT und Datensicherheit, Governance, Regulative und Abwägungen im Bereich der Zustimmung und Selbstbestimmung zusammengefasst und damit ein rundes Bild geschaffen.
Ethical Tech bedeutet auch Ethical Leadership
Um Ethik in Technologie (Entscheidungen) zu integrieren, braucht es ein Umfeld, das auch ethische Entscheidungen unterstützt. Denn Ethik ist kein Job einer einzelnen Person – sondern sehr klar eine Teamaufgabe. Das bedeutet, sich mit Fragen auseinanderzusetzen, an die wir bisher nicht gedacht haben und die es nicht in unsere Aufmerksamkeitszone geschafft haben. Um das zu erreichen, müssen wir in erster Linie eine diverse Community schaffen, die sich an Werten wie Fairness und Inklusion orientiert, Standards dafür setzt und auch bereit ist, die Konsequenzen zu tragen. Es braucht einen ehrlichen Austausch, der aber auch Respekt und Rücksichtnahme beinhaltet und es erlaubt, unterschiedliche Perspektiven und Meinungen zu explorieren. Denn nur so können wir unsere Spannungsfelder, die sich durchaus zwischen besserer Usability und potentieller Tech-Abhängigkeit oder zwischen mehr Funktion und weniger Datenschutz bewegen können, gemeinsam ausloten (um nur einige zu nennen).
Ethik ist oftmals Risikomanagement und lässt sich damit auch messbar machen
Ethik wird häufig als „Vanity Topic“ gesehen, wenn wir aber unter die Oberfläche sehen, wird uns bewusst, dass Ethik sehr stark ein Thema des Risikomanagements ist. Die Gedanken und Implikationen, die ein sinnvolles ethisches Setup mit sich bringen, bedeuten im besten Fall nach innen in die Organisation: eine inklusivere und ehrlichere Kultur, Mitarbeiter:innen, die stolz auf ihre Arbeit sind, bessere Ergebnisse in der Zusammenarbeit und höhere Qualität der Arbeit. Nach außen hingegen: größere Inklusion von Zielgruppen (und damit Marktsegmente), eine wesentlich geringer Chance auf negative Presse durch Reduktion der „Angriffsvektoren“ (Bias in Daten, Schutz der Privatsphäre Unterbindung von exkludierenden Anwendungen, etc.) und eine stärkere Positionierung am Markt durch höhere Glaubwürdigkeit und Vertrauen.
Die Berücksichtigung ethischer Aspekte in der Anwendung oder Gestaltung von Technologie kann uns somit helfen, unsere Risiken zu mitigieren und gleichzeitig als Organisation besser zu werden, weil wir Dinge tun, an die wir glauben und die wir für richtig halten. Und alles kann mit der Frage beginnen: „Just because we can, should we?“
Autorin:
Bernadette Fellner, Senior Managerin
Quellen:
The Ethics Center
Manifesto for a moral revolution von Jaqueline Novogratz
Future Ethics von Cennydd Bowl
Technology is not neutral von Stephanie Hare
IEEE: https://standards.ieee.org/wp-content/uploads/import/documents/other/ead_v2.pdf