Die Integration von ESG-Faktoren in die Investitionsanalyse und Entscheidungsfindung wird immer mehr gefordert. Bereits in der Vergangenheit versuchten Anleger:innen, ihre Investitionen mit ihren Werten in Einklang zu bringen und so fundiertere Entscheidungen über die Unternehmen zu treffen, in die sie investieren. Auch heute spielt die Übereinstimmung der Werte von Investierenden mit den Unternehmensaktivitäten eine entscheidende Rolle in der Investitionsfrage. Deshalb legen Unternehmen vermehrt ihren Fokus auf die Evaluierung der Nachhaltigkeit und der ethischen Auswirkungen ihrer Geschäftspraktiken.  Dazu kommt die Möglichkeit, ESG-Faktoren in ihr Geschäftsmodell einzubeziehen.

Allerdings bringt die Implementierung von ESG-Richtlinien in Unternehmen viele Veränderungen mit sich. Zum einen werden aktuelle Arbeitsweisen und -strukturen an die ESG-Ansätze angepasst (Mehr dazu in unserem Blogbeitrag). Zum anderen durchlebt die Unternehmenskultur einen starken Wandel, wie z.B. die Inklusion von mehr Nachhaltigkeitswerten und sozialen Normen mit Blick auf faire Arbeitsbedingungen, um die neu etablierte ESG-Strategie im Unternehmen zu unterstützen.

Veränderungen können zwar spannend sein, aber für Einzelpersonen und Teams eine große Herausforderung darstellen, vor allem wenn es darum geht, sich auf neue Arbeitsweisen, -strukturen, und -richtlinien einzustellen. Prinzipiell sind Veränderungen in jeder Organisation unvermeidlich. Sie werden durch verschiedene Faktoren wie z.B. technologische Fortschritte, wirtschaftliche Entwicklungen oder, wie in diesem Fall, durch den Wunsch als Organisation nachhaltiger und sozial verantwortlicher zu agieren, hervorgerufen.

Damit die Veränderungen in die Unternehmenskultur und -abläufe reibungslos integriert werden, muss sichergestellt werden, dass das Change Management bei der Umsetzung der ESG-Strategien involviert ist. Change Management ist ein strukturierter und systematischer Ansatz, der Mitarbeiter:innen beim Wandel von einem aktuellen zu einem zukünftig gewünschten Zustand unterstützt und begleitet. Hauptaufgaben des Change Managements beinhalten: die Auswirkungen der Veränderung zu verstehen, die Beteiligten einzubeziehen, die Veränderung zu kommunizieren und die Mitarbeitenden und das Management zu schulen. Aber auch eine offene Kommunikation der verschiedenen Parteien sicherzustellen und den Erfolg der Veränderung zu messen. Anhand folgender Schritte kann Change Management den Veränderungsprozess durch die Einführung von ESG-Initiativen im Unternehmen lenken und stützen:

 

ESG Ziele mit Geschäftszielen in Einklang bringen

Im ersten Schritt des Change Management Ansatzes geht es darum, die ESG-Ziele der Organisation mit der allgemeinen Geschäftsstrategie in Einklang zu bringen. Dafür wird eine klare Vision der ESG-Ziele und -Zielsetzungen der Organisation und deren Übereinstimmung mit der Mission, den Werten und der Kultur des Unternehmens erfordert. Um die Akzeptanz und die Unterstützung der ESG-Initiativen des Unternehmens sicherzustellen, ist es von immenser Bedeutung, Stakeholder, Mitarbeitende, Kund:innen, Lieferant:innen und Investierende in den Anpassungsprozess von Anfang an miteinzubeziehen.

Best Practice: Durch Workshops, die auf die Erarbeitung und Abstimmung einer gemeinsamen Vision abgestimmt sind, sowie durch die Moderation von Sitzungen zur Organisationsentwicklung, einschließlich der Änderung von Rollenverantwortlichkeiten, werden leitende Interessengruppen auf den Wandel vorbereitet. So können sie von Sekunde eins ein gemeinsames Verständnis von Zweck, Vision und Strategie entwickeln. Zudem sollten die Änderungen anhand von Organigrammen, die auf der Grundlage von u.a. Rechtseinheiten und Geschäftsbereichen basieren, festgehalten werden.

 

Stakeholder aktiv in den Change Prozess einbeziehen

Während Visionen und Ziele gemeinsam definiert werden, müssen Stakeholder aktiv mit in den Change Prozess einbezogen werden und die ESG-Initiativen und deren Vorteile offen kommuniziert werden. Insbesondere durch Schulungen und Trainings können Stakeholder effizient ausgebildet werden und aktiv bei der Implementierung des ESG-Prozesses mitwirken. Dadurch wird ein Gefühl der Eigenverantwortung für die ESG-Initiativen bei den Stakeholdern geschaffen und deren Unterstützung für die anstehenden Veränderungen gefördert.

Best Practice: Um eine erfolgreiche Implementierung der ESG-Initiative zu gewährleisten, sollten die anstehenden Veränderungen vorab mit den Zielgruppen offen und klar kommuniziert werden. Dazu können unterschiedliche Kommunikationskanäle, wie z.B. Newsletter, Intranet, O2Os oder Mitarbeitendenversammlungen genutzt werden. Zudem sollten Mitarbeitende eingeladen werden, sich durch Trainings und Schulungen Wissen über die neuen ESG-Prozesse und deren Auswirkungen auf Arbeitsweise und -strukturen anzueignen. Arbeitnehmer:innen können damit die Chancen und Risiken der Veränderung besser verstehen.

 

Zielgruppen befähigen den ESG Wandel mitzugestalten

Ein weiterer wichtiger Aspekt des ESG Change Managements stellt die Stärkung und Befähigung der einzelnen Zielgruppen in den Vordergrund. Infrastruktur, Systeme und Prozesse, die erforderlich sind, um betroffene Zielgruppen bei der Einführung von ESG-Initiativen zu unterstützen, müssen etabliert werden.

Dies umfasst möglicherweise die Aktualisierung von Richtlinien und Verfahren, die Integration von ESG-Faktoren in Entscheidungsprozesse und die Entwicklung von Kennzahlen und Berichtsrahmen zur Überwachung der Fortschritte. Damit die Umsetzung von effizienten und effektiven Veränderungen gewährleistet werden kann, muss sichergestellt werden, dass Mitarbeiter:innen über die notwendigen Instrumente, Ressourcen und Kompetenzen, die ihnen in Schulungen gelehrt werden, verfügen.

Best Practice: Um Mitarbeiter:innen und Führungskräfte während des Wandels zu unterstützen, müssen neben allgemeinen Schulungen zum ESG -Veränderungsprozess auch maßgeschneiderte Trainings angeboten werden, die obligatorisch durchgeführt werden. Diese Trainings konzentrieren sich insbesondere auf die Entwicklung der erforderlichen Fähigkeiten einzelner Zielgruppen, die für die erfolgreiche Umsetzung der ESG-Initiativen entscheidend sind. Sie können beispielsweise beinhalten, wie man relevante ESG-Kennzahlen für den eigenen zuständigen Bereich entwickelt, misst und bewertet, oder wie man (Arbeits-)Prozesse erfolgreich verändert und mitgestaltet. Das Unternehmen muss die dafür erforderlichen Ressourcen bereitstellen und die Infrastruktur sowie Systeme ausbauen, um sicherzustellen, dass dies keine Hürde für die Stärkung der Zielgruppen darstellt.

 

Darüber hinaus kann ein Buddy oder Coach zur Beratung und Unterstützung während des Wandels zur Verfügung gestellt werden. Dieser fungiert als Ansprechpartner:in für Mitarbeitende und Führungskräfte und gibt ihnen Feedback zu ihren Fortschritten.

Durch den kontinuierlichen Austausch kann ein Coach oder Buddy dazu beitragen, dass sich Mitarbeitende während des Veränderungsprozesses selbstbewusster und motivierter fühlen, da sie sich an jemanden wenden können, von dem sie unterstützt und ermutigt werden.

 

ESG Erfolge messen und bewerten

Ein vierter Aspekt des Change Managements befasst sich damit, die Wirksamkeit der ESG-Initiativen zu überwachen und zu bewerten. Insbesondere der Erfolg der Änderungsprozesse wird hier anhand vordefinierten KPIs gemessen. Die regelmäßige Bewertung und Überwachung der neuen Prozesse helfen dem Unternehmen, verbesserungswürdige Bereiche zu erkennen und bei Bedarf schnellstmöglich Anpassungen vorzunehmen, damit die ESG-Ziele erreicht werden.

Best Practice: Durch die Entwicklung und Bereitstellung eines Zeitplans sowie einer Roadmap werden die Prioritäten des Change Prozesses klar definiert und der Prozessaufbau detailliert dargestellt. Die Erstellung von KPI Dashboards unterstützt die regelmäßige Messung des Erfolgs des Veränderungsprozesses.

 

Auch wenn ein Change Prozess in verschiedenen Etappen abläuft, muss der Ansatz als iterativ angesehen werden, da sich Phasen häufig überschneiden oder wiederholen. Aufgrund der stetigen Anpassung des Change Management Ansatzes an der Prozessentwicklung ist Change Management für Unternehmen eine wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung von ESG-Strategien. Durch das Verständnis der Auswirkungen von ESG-Faktoren, die Einbindung von Stakeholdern, die Kommunikation des Wandels, die Schulung von Mitarbeiter:innen und die Messung des Erfolgs des Wandels können Unternehmen eine Kultur der Nachhaltigkeit schaffen, die allen Stakeholdern zugutekommt und insbesondere den Wandel hin zu ESG nachhaltig fundiert.

 

Autor:innen:
Cornelius Christ
Katja Schwarz