Ist SEO jetzt wirklich tot?
Vieles wird für tot erklärt, gerade im digitalen Bereich. Besonders oft auch die SEO. Der Tod der Suchmaschinenoptimierung wurde vielleicht häufiger ausgerufen als das Ende der meisten anderen Bausteine der Online-Welt. Der rasante Aufstieg und die weite Verbreitung von LLMs (Large Language Models) und Künstlicher Intelligenz ist einmal mehr ein Anlass zu fragen:
– Hat es 2025 überhaupt noch einen Sinn, sich mit Google oder Bing zu befassen?
– Sucht nicht ohnehin jetzt jeder mit KI?
– Ist die SEO tot?
Anders suchen – anders optimieren
Sicher ist, dass sich sowohl das Suchverhalten der Menschen als auch die Optimierungsstrategien von Website-Betreibern verändern. Das haben sie schon in den Urzeiten von SEO getan und sie werden es weiter tun. Von den Anfängen des „Keyword-Stuffing“ bis zur kontextuellen Suche mit Synonymen haben die Entwicklungsschritte der Such-Algorithmen im Lauf der Zeit die Komplexität von Rankings und der Interpretation von Suchanfragen immer weiter erhöht. Google-Updates wie „Hummingbird“, „RankBrain“ und andere, durch die der Maschine ein umfassendes Verständnis für Synonyme und Bedeutung im Kontext vermittelt wurde, haben schrittweise schon den Weg in Richtung KI vorgezeichnet.
Mit „Rich Snippets“ und „Zero Click“ hat Google schließlich auch die User darauf trainiert, dass man Zielseiten im Internet gar nicht direkt aufrufen muss. Eine andere Plattform kann ebenso gut die gewünschten Antworten heraussuchen und handlich verpackt präsentieren.
Aber: Es ist nicht die Suchmaschinenoptimierung, die dadurch an Bedeutung verliert, sondern nur die bisher gewohnten Ergebnislisten. Im Gegenteil: Je mehr Content jede Sekunde auf der Welt produziert wird, umso drängender stellt sich die Grundfrage der SEO: Wie findet man mich?
Mehr Konkurrenz, weniger Aufmerksamkeit
Der Einzug der KI in Marketingabteilungen wirkt sich vielfach aus. Zum Einen ermöglichen es KI-Tools, schneller neue, informative Inhalte zu generieren und unterstützen bei der Keyword-Recherche. Eine entsprechende KI-Kompetenz vorausgesetzt, erfüllen diese Beiträge auch wachsende Ansprüche an die Qualität. Zum anderen beeinflussen sie das Suchverhalten von Konsument:innen: Suchanfragen werden verstärkt im Ton einer Konversation gestellt.
Das Angebot wächst. Mit der stetig wachsenden Datenmenge haben wir alle weniger Aufmerksamkeit zu verschenken. Wir wollen weniger suchen und mehr finden. Daher ist es nicht mehr „Seite 1“, die gewinnt, sondern „Ergebnis 1“. Nicht die „Top 10“, sondern die „Nummer 1“. Und es ist kaum mehr entscheidend, wo das Ergebnis herkommt, ob von Google oder neuen Playern wie ChatGPT Search und Perplexity, Voice Search mit Siri oder Alexa, oder gleich einem Social-Media-Kanal der Wahl.
Was wichtig bleibt
Einige Eckpfeiler der SEO bleiben dabei (aus guten Gründen) mit oder ohne Google erhalten.
– Suchintention
Für Suchmaschinen ist schon lange selbstverständlich, dass ein Suchbegriff unterschiedliche Bedeutungen haben kann. Jemand, der nach „Sessel“ sucht, könnte beabsichtigen, einen zu kaufen, sich über die Übersetzung des Wortes in eine andere Sprache informieren wollen oder Anleitungen zum Bau eines Sessels suchen. Je nach Absicht des Nutzers sind ganz unterschiedliche Suchergebnisse relevant.
Dasselbe gilt für Suchanfragen an die KI oder in sozialen Netzwerken – nur werden dort die Fragen häufig präziser formuliert als im Google-Suchfeld.
– Semantik
Suchmaschinen beachten nicht nur Suchworte an sich, sondern auch ihre Bedeutung in dem Kontext, in den sie eingebettet sind. Am Beispiel „Sessel“: kommt das Wort im Zusammenhang mit anderen Möbeln vor, im Zusammenhang mit Holz, oder wird es in einer Geschichte erwähnt, weil sich eine Figur hinsetzt?
Das Erkennen dieser Zusammenhänge ist sogar die besondere Stärke von KI-Lösungen.
– User Experience und Nützlichkeit
Das Verhalten von Usern ist letztlich einer der entscheidendsten Faktoren, um das Rennen um die besten Rankings zu entscheiden, oder sogar große Sprünge an die Spitze zu schaffen. Es wird geprägt davon, wie Menschen das gefundene Ergebnis wahrnehmen und wie sie damit umgehen. Darum darf man auch bei der Optimierung für neue Technologien nicht das eigentliche Ziel aus den Augen verlieren: Menschen zu erreichen.
Search Everywhere
Nicht nur einer unter den bekanntesten Branchengrößen in der Suchmaschinenoptimierung hat die Buchstaben SEO schon „neu übersetzt“ und sie statt mit dem ursprünglichen „Search Engine Optimization“ nun mit „Search Everywhere Optimization“ verbunden.
Und das ist keine Revolution, sondern streicht nur ein Grundprinzip heraus: Aufgabe der SEO war es nie, ausschließlich in Suchmaschinen gefunden zu werden. Suchmaschinen sind ein Mittel. Das Ziel war – und ist – einfach nur, gefunden und wahrgenommen zu werden, von Menschen, egal ob mit Bild, Voice oder Text, egal ob auf Google, Facebook, TikTok oder eben von einer KI.
Alte/Neue Regeln für 2025
Dementsprechend sind die „neuen Regeln“ im Grund immer noch die alten Regeln:
– Kontext und verwertbare Informationen: Nützliche und dem Suchanlass entsprechende Informationen sind gefragt. Also gehen Sie ins Detail und vermitteln Sie, in welcher Situation Ihre Information benötigt wird. Machen Sie es offensichtlich, wen Sie ansprechen wollen und wie Nutzer:innen von Ihren Inhalten profitieren. Nach wie vor ist hier die Keyword-Optimierung unverzichtbar.
– Struktur: Ordnen Sie Ihre Inhalte sauber und logisch an. Organisieren Sie Beiträge mit Überschriften und Zwischenüberschriften, nutzen Sie Aufzählungspunkte und sorgen Sie dafür, dass Ihr Redaktionssystem sparsamen, korrekten Code und Markups nutzt. Je sauberer Ihre Inhalte organisiert sind, desto eher können Maschinen sie erfassen, seien es die Crawler der Suchmaschinen oder KIs.
– Barrierefreiheit: Eng verwandt mit der sauberen Struktur ist auch die Accessibility. Was für Maschinen leichter lesbar ist, hilft oft auch Menschen, sich in Ihren Online-Angeboten zurechtzufinden und sie zu verstehen.
– Linkbuilding: Wer von vielen verlinkt wird, wird leichter gefunden. Wer von vertrauenswürdigen Quellen verlinkt wird, dem bringt man mehr Vertrauen entgegen.
– Mobile Optimierung: Sorgen Sie für schnelle Ladezeiten und flexible Darstellung je nach Screen.
– Und wieder UX: Zufriedene User. „Nutzersignale“ nannte Google die Daten, die verraten, wie sich Menschen mit Ihren Inhalten beschäftigen. Wenn Nutzer:innen mit einem Content interagieren und dann eine gewünschte Aktion ausführen, sind sie mit dem Suchergebnis vermutlich zufrieden. Dann endet die Suche an der Stelle und der Algorithmus erkennt, dass die Antwort richtig und die Suche erfolgreich war. Die positive User Experience fragt nach dem, was herauskommt, unabhängig von der Suchtechnologie.
– Unzufriedene User: Umgekehrt: Wenn Nutzer:innen das angebotene Suchergebnis nur kurz anschauen und danach die Suche wiederholen, dann hat es nicht gepasst. Davon hat niemand etwas: weder der Anbieter, noch die Suchenden – und auch nicht die Suchtechnologie. Dieses Ergebnis wird auf Dauer nicht mehr angeboten.
– Qualität: Ein Ergebnis, das Fragen sinnvoll und relevant beantwortet, wird auch in der Ära der KI-Suche langfristig besser ankommen als Clickbait.
Und damit ist auch unsere Eingangsfrage beantwortet: Der Kern bleibt, die Details entwickeln sich weiter. SEO lebt – und bleibt uns erhalten, selbst wenn wir sie vielleicht mit einem neuen Namen wie LLMO oder KIO versehen. Wir alle werden auch weiter für die Search Everywhere optimieren.
Autor: Andreas Habicher