Die neue Shooting Star App Clubhouse macht derzeit in aller Welt Schlagzeilen. Noch ist das neue „soziale Netzwerk“ in einer Art Beta-Version nur für Eingeladene und iPhonebesitzer verfügbar, der Roll-out wird aus verschiedenen Gründen wohl noch dauern und muss gut organisiert werden, um den wertvollen Beitrag der App zum demokratischen Diskurs zu schützen.

Kurz zusammengefasst versucht Clubhouse die Demokratisierung des Talk Radio Formates: Jeder kann eine Radio-Talksendung („Room“) eröffnen und jeder kann mitreden. Diese direkte Verbindung zwischen Sprechern und Hörern ermöglicht einmal mehr die Umgehung traditioneller Mittler wie eben Radioredaktionen oder Talkshowformaten. Da Clubhouse zudem das Medium Ton verwendet, entfällt langwieriges „Texting“, es entfallen Likes, Emojis und andere Formen unvollständiger Kommunikation. Clubhouse ermöglicht eine bei weitem spannendere Form des Diskurses als dies bisher in jedem anderen Social Network möglich war. Zumindest für jetzt, denn sobald die Entwickler aus Kalifornien „alle“ in die App lassen, wird die Strukturierung und Moderation der Inhalte eine große Herausforderung.

Vor kurzem fand ein spannendes Panel in Clubhouse zur österreichischen Medienförderung statt. Die Teilnehmer bekannter Medien besprachen die Vor- und Nachteile der Förderung, die Frage, wie Medien generell finanziert werden sollten, welche Innovationen die Medien versuchen, um mit den großen Plattformen „mithalten“ zu können oder gar ein Gegenangebot zu stellen, Beispiel „österreichische Contentplattform“.

Clubhouse gibt auf diese Fragen eine einfache Antwort: Wachstum durch echte Innovation. Clubhouse basiert auf allen zentralen Gesetzen der Digitalisierung, Logiken, die viele Entscheider in Europa noch immer nicht verstanden zu haben scheinen: Radikale Innovation plus Skalierung plus Internationalisierung.

Innovation im Silo ist selten möglich

Radikale Innovation zerstört möglicherweise das bestehende Business Model und wird daher selten von traditionellen Playern ermöglicht. Können bestehende Unternehmen überhaupt innovativ sein, versuchen sie nicht ganz im Gegenteil „innerhalb des Silos, des Geschäftsmodells zu denken“, alleine schon um sich intern keine Probleme zu bereiten? Seit dem unrühmlichen Kodakschicksal ist es nicht verwunderlich, dass es Startups braucht, also Einheiten außerhalb des traditionellen Wirtschaftsgefüges, um Innovationen völlig ohne Rücksichtnahme auf bestehende Geschäftslogiken zu bauen. Viele Innovationen sterben mit der Frage „aber was machen wir dann mit X?“ (Für X jede(n) bestehende(n) internen Prozess, Business Case, Ressource, Ablauf, Entscheidungsweg, Hierarchie einsetzen).

Radikale Innovation ist in dieser Hinsicht rücksichtslos, nicht jedoch unbedingt die Basis für eine radikal neue Idee. Hand aufs Herz: hätte uns nicht allen einfallen können, dass man auch das Radio demokratisieren könnte, nachdem es mit der Zeitung, dem Video und dem Telefon schon passiert ist? Haben wir nicht die ganze Zeit über Plattformökonomien, Soziale Netzwerke etc. gehört und gelesen und uns mit genau diesen Fragen beschäftigt?

Es gibt nichts Gutes außer man tut es. Wenn wir unsere Wirtschaft und Gesellschaft neu erfinden wollen, um die Chancen der Digitalisierung nicht in den Händen von US-Plattformen oder radikalen Politikern zu lassen, müssen wir einfach nur Hand anlegen und losstarten – ohne Grenzen im Kopf. So einfach ist das. Clubhouse sei Dank.

 

Autor: Andreas Hladky
PwC Digital Consulting