Der Handel befindet sich in einer Revolution, geprägt von einer Verschmelzung von Online und Offline. Das Einkaufen wird zunehmend von einer notwendigen Handlung zu einer Experience aus Emotion, Konnektivität und Interaktion. Hierbei geht es nicht mehr ausschließlich um den Produktverkauf, sondern um das Angebot holistischer Lösungen für Konsument:innen.

Die Pandemie dient als Katalysator für Innovation im Einzelhandel. Die sich stark verändernden Kundenbedürfnisse resultieren in einem Wandel des klassischen Retails. Der stationäre Handel wird zu einem berührungsintensiven, sensorischen Erlebnis mit Touchpoints in unterschiedlichen Kanälen.

Verschmelzung der Welten

Blended Retail lässt Kanäle und somit die Online und Offline-Erfahrung von Kund:innen miteinander verschmelzen. Blended Retail Stores sind so konzipiert, dass die Kundschaft durch Mobile Apps in ihrem Einkaufserlebnis begleitet werden. Das Smartphone wird zum Bindeglied der O2O Erfahrung und ermöglicht eine digitale Interaktion mit dem physischen Store.

Eine der Säulen des O2O Erlebnisses ist die Personalisierung. Diese findet sich neben personalisierter Werbung auch in der Individualisierung der Produkte. Lego bietet seinen Kund:innen in seinem Experimental Store in Shanghai die Möglichkeit, personalisierte Produkte in einer Fotokabine zu erstellen. Mittels KI und Face Recognition können Pflegeprodukte im Store von L’Oréal individuell auf die Bedürfnisse von Konsument:innen abgestimmt werden. Dies ermöglicht es Retailern, ihren Kund:innen ein auf sie persönlich angepasstes Produkt zu bieten.

Mobile Apps im physischen Store

Die Integration von Mobile Apps in die Journey des Customers ermöglicht die wertschöpfende Nutzung von Daten, um das Kauferlebnis individuell an die Kundschaft anzupassen und eine zugeschnittene Experience über die gesamte Customer Journey zu bieten. Dass Mobile Apps als integrativer Bestandteil der Customer Journey sinnvoll sind, zeigen auch die Ergebnisse der bundesweiten e-Commerce Studie des Handelsverbands Österreich – die Zuwachsrate von m-Commerce lag im Jahr 2021 bei 67%.

Die Nutzung mobiler Apps als Convenience Strategie wird am Beispiel von Amazon Go beleuchtet. Bei Betreten des Stores scannen Kund:innen die Amazon App. Nach Tätigung des Einkaufs verlässt man den Store, während die Ware im Ausgangsbereich automatisch erfasst wird. Anschließend erhält man eine digitale Rechnung, die über die Amazon App direkt bezahlt wird. Das Einkaufserlebnis wird effizient und nahtlos, indem negative Aspekte wie das Warten in Kassenbereichen eliminiert werden.

Während Strategien wie diese den sozialen Aspekt aus Effizienzgründen minimieren, rücken andere Strategien diesen in den Fokus. Durch die Verwendung sozialer Software wird die Interaktion zwischen Kund:in und Marke sowie zwischen Kund:innen untereinander gefördert. Social Commerce dient als weiteres Bindeglied der O2O Experience, indem es unterschiedliche Channels in der Customer Journey miteinander vereint.

Die unsichtbaren Touchpoints

Auch hinter den Kulissen verändern innovative Systeme den Handel. Smarte Supply Chains mit integrierten, vernetzten Systemen ermöglichen genaue Prognosen wie viel verbraucht wird und steuern somit das Angebot und die Beschaffung. Eine KI-zu-KI Integration könnte zu automatisierten Verkaufsverhandlungen zwischen Lieferanten und Kunden auf geschlossenen digitalen B2B Marktplätzen und zu einer vorgelagerten Integration mit Rohstofflieferanten und Finanzierungslösungen führen. Prognosebasierte Supply Chains ermöglichen, neben der Reduktion von Abfall und dessen negativen Einfluss auf die Umwelt, eine zielgerichtete Beschaffung zur Steuerung des Angebots für Kund:innen.

Fazit

Omnichannel Social Commerce und immersive Retail Experiences werden das Zukunftsbild des Handels prägen. Die Vernetzung mit der Marke wird über Virtual Reality und Augmented Reality zu einer individuellen und emotionalisierenden Experience. Durch die gegenseitige Interaktion der Kund:innen wird der soziale Aspekt in den Vordergrund gerückt und ein Gefühl der Gemeinschaft erzeugt. Dieses resultiert wiederum in einer erhöhten Markenbindung.

Das Erlebnis muss kohärent, aufregend und für digitale Kanäle optimiert sein, insbesondere für mobile Kanäle. Es gilt, eine seamless Experience für Konsument:innen zu bieten, die eine individuelle Interaktion mit der Marke und dem physischen Umfeld ermöglicht, um klassische Kaufprozesse in ein einzigartiges Erlebnis umzuwandeln.

 

Quellen:

Raconteur – Future of Retail (11.2020), S. 4

Diamart Connect – In Store Innovation – Shanghai 2021 – Retail Tour

Journal of Business and Retail Management Research (JBRMR), Vol. 11 Issue 1 – The effects of characteristics of social commerce have on customers‘ purchase decisions (10.2016)

Forbes – The 8 Biggest Retail Trends (09.2021)

 

 Autorin: Sandra Waldl