We cannot see the future – but we can prepare for it

Corporate Foresight, auch als „Zukunftsforschung“ bekannt, ist eine Methode, die Unternehmen dabei hilft, potenzielle zukünftige Entwicklungen und Herausforderungen zu identifizieren und für Unsicherheit zu planen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit und langfristigen Erfolg zu sichern. Die Geschichte von Corporate Foresight reicht bis ins frühe 20. Jahrhundert zurück, als Unternehmen begannen, systematisch die Zukunft zu untersuchen, um bessere Entscheidungen zu treffen und Risiken zu minimieren. In den 1960er Jahren entstand die moderne Form der Zukunftsforschung, die sich auf die Anwendung von wissenschaftlichen Methoden und Technologien konzentrierte. Corporate Foresight hat dabei das Ziel, die Zukunft und deren Risiken als auch Möglichkeiten (z.B. durch Trendanalyse) besser zu verstehen und darauf basierend mögliche Strategien für die Organisation abzuleiten, um darauf zu reagieren.

Corporate Foresight erhebt dabei nicht den Anspruch die Zukunft tatsächlich vorherzusagen, sondern Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten besser zu sehen und zu verstehen und sich damit für Unvorhersehbares vorzubereiten. Es eröffnet damit Potentiale für Innovation und der Entwicklung neuer Produkte, Services und Geschäftsfelder. Somit ist es auch ein Werkzeug zur Risikominimierung und zur Schaffung höherer Adaptionsfähigkeit eines Unternehmens.

Ein Beispiel für ein Unternehmen, das erfolgreich Corporate Foresight eingesetzt hat, ist Shell. Seit den 1970er Jahren hat das Unternehmen eine Zukunftsforschungseinheit, die als „Shell Global Scenarios Team“ bekannt ist. Dieses Team nutzt eine Kombination aus wissenschaftlichen Methoden, Technologien und Expertenmeinungen, um potenzielle zukünftige Entwicklungen in Bereichen wie Energie, Klimawandel und Technologie zu identifizieren.

Das Shell Global Scenarios Team hat dazu beigetragen, das Unternehmen auf mögliche Herausforderungen in Zukunft, wie den Peak Oil und den Klimawandel vorzubereiten. Es hat auch dazu beigetragen, das Unternehmen in die Lage zu versetzen, auf die zunehmende Nachfrage nach erneuerbaren Energien zu reagieren und sich in diesem Bereich zu engagieren.

Methoden helfen in Möglichkeitsräumen zu denken

Es gibt verschiedene Methoden, die im Rahmen von Corporate Foresight eingesetzt werden können, um potenzielle zukünftige Entwicklungen zu identifizieren und zu analysieren. Generell werden bei Corporate Foresight statistische Methoden und qualitativer Research, als auch Kreativmethoden eingesetzt. Dieses Vorgehen ermöglicht nicht nur eine Interpolation in die Zukunft, sondern viel mehr die Möglichkeit über Ereignisse nachzudenken, die fünf, zehn, zwanzig oder mehr Jahre in der Zukunft liegen. Sie sind oft mit reiner Datenanalyse und Prognosetechnik schwer zu erfassen und unmöglich zu errechnen. Darum werden diese Techniken mit Kreativmethoden angereichert, die helfen, aus der klassischen rationalen Denkweise auszubrechen und in Möglichkeitsräumen zu denken. Auf Basis dieser Erkenntnisse werden Strategien für das Unternehmen entwickelt, diesen Zukünften zu begegnen und sie für sich zu nutzen.

Corporate Foresight verläuft dabei grob in drei Phasen mit einem umfassenden Methodenset:

Analyse: Quantitativer und qualitativer Zugang zur Erstellung von Hypothesen über mögliche Entwicklungen, basierend auf Trends, aktuellen Entwicklungen und Experten-Perspektiven

Szenario Entwicklung und Simulation: Generierung von möglichen zukünftigen Szenarien und Simulationen, wie diese „Zukünfte“ gestaltet sein können und welche Ereignisse zu ihnen führen können

Strategie und Vorbereitung: Ableitung von Strategien zur Begegnung der identifizierten Potentiale und Herausforderungen.

 

Der Kern des Corporate Foresight Frameworks ist dabei die Szenario-Technik. Dabei werden verschiedene Szenarien entwickelt, die mögliche zukünftige Entwicklungen in verschiedenen Bereichen wie Wirtschaft, Technologie, Gesellschaft und Umwelt darstellen. Diese Szenarien helfen, Einschätzungen über mögliche Entwicklungen abzuleiten, zu verstehen wie die Welt sich weiterentwickeln könnte, aber auch, was die eigene Rolle der Organisation sein könnte und welche Entscheidungen es dafür zu treffen gibt. Häufig werden dabei mehrere Szenarien entwickelt, welche der Organisation helfen sollen, sich auf die Unsicherheit der Zukunft vorzubereiten und auch aufzeigen, dass es nicht „die eine“ Zukunft gibt, sondern viele Möglichkeiten. Hierfür werden meistens zumindest vier Szenarien geschaffen:

 – die Baseline (Interpolation des Jetzt in die Zukunft)
eine Dystopie-Variante (der schlechteste Outcome für die Organisation)
eine Chaos Variante (geprägt durch unerwartete Ereignisse) und
ein Transformations-Szenario (der beste Outcome für die Organisation).

Die Szenario-Technik basiert oftmals auf klassischen Trendanalysen und Cross-Impact Analysen, um „possible, probable und preferable futures“ zu evaluieren. Hierfür werden unterschiedliche Daten analysiert und versucht entsprechende Trends und deren Einfluss aufeinander abzuleiten, um (lineare) zukünftige Entwicklungen erkennen zu können. Eine Trendanalyse nutzt hierfür historische Daten als Basis und ermöglicht damit eine erste Ableitung von Hypothesen und eine solide Ausgangsbasis, für die weitere Arbeit und einen Einblick, wie sich das Morgen entwickeln kann. Ergänzt werden diese Datenpunkte durch Expertenmeinungen, welche in mehreren Gesprächsrunden (auch genannt „Delphi Methode“) tiefere Einblicke in Forschung und Entwicklung und damit größeres Facettenreichtum ermöglichen.

Je nach Methodik können die darauf entwickelten Szenarien mit Datensimulationen (z.B. dem Agent Based Modeling) angereichert werden. Bei diesem Vorgang werden vor allem die wirtschaftlichen und sozialen Parameter des Szenarios in eine Simulationssoftware gefüttert und darauf basierend Akteure (z.B. Kunden, Mitarbeiter, Partner) und deren Verhalten simuliert. Dies ermöglicht ein tieferes Verständnis darüber, wie Interaktionen und wirtschaftliche Parameter (Kaufkraft, Inflation, etc.) die Zukunft beeinflussen können. Somit eröffnet es auch Möglichkeiten der Reaktion der Organisation, um Risiken zu minimieren und Potentiale nutzen zu können.

Das Ziel von Corporate Foresight: Being Prepared

Das Verständnis darüber, wie sich die Zukunft entwickeln kann und was relevante Treiber, Akteure und Events sein können, bildet die Basis für die Strategieentwicklung und das Risikomanagement. Basierend auf den entwickelten Szenarien werden Lösungen, Taktiken und Strategien für den Umgang entwickelt und auf die Möglichkeiten der Organisation umgelegt.

Im letzten Schritt wird zudem ein Monitoring- und Frühwarnsystem aufgesetzt. Mit Hilfe des sogenannten „Backcastings“ wird dabei versucht, Schritt für Schritt zu evaluieren, wie es zu den definierten Zukünften bzw. diesem Szenario gekommen sein könnte. Hierfür wird von der Zukunft zurückgedacht, um mögliche Events und Zustände zu evaluieren, welche zu eben jener Zukunft geführt haben könnten. Diese Events, als auch relevante Treiber und Trendentwicklungen, dienen als Basis für das Frühwarnsystem, welche laufend beobachtet werden. Außerdem sollen sie der Organisation helfen, ehestmöglich Entwicklungen zu erkennen, um Zeit für das Handeln zu schaffen.

Adaptability in the Age of Volatility

Corporate Foresight ist kein neues Werkzeug, sondern ein elementares Framework, zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit und Adaptivität von Organisationen. Es hilft Risiken und Potentiale sichtbar zu machen und bildet die Basis für schnelle Reaktionsfähigkeit in und von Unternehmen. Gerade in Zeiten der Multi-Krisen und facettenreichen Möglichkeiten ist es ein Vorgehen, an dem Unternehmen kaum vorbeikommen, wenn sie langfristig erfolgreich sein wollen und verstehen, wie sie handeln können und wie sich Entscheidungen auswirken können.

Denn: The future belongs to those, that hear it coming.

 

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Bernadette Fellner

bernadette.fellner@pwc.com

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